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Gutshaus ("Schloss") und Glashüttenhäuser
Nach dem Niedergang der Glashütte ist ein Teil der Glashüttenhäuser abgebrochen worden. In den 1930er
Jahren stehen noch drei. Im Jahr 2000 steht nur noch eins der Häuser, ist aber zu dieser Zeit nicht mehr
bewohnt und steht kurz vor dem Abriss. Das Schloss, eigentlich mehr ein respektables Gutshaus, diente der
Familie von Zehmen ztw. als Sommersitz, wurde etwa ab 1880 vermietet und stand bis etwa 1980. Eine
Zeitzeugin, Frau Ingeborg Decker, geb. Pohling aus Stuttgart, hat Ihre Kindheit in diesem Schloss verbracht
und ihre Erlebnisse in "Meine Kindheit in einem Schloss" und "Erinnerungen an Schloss Johannisthal"
niedergeschrieben.
Sie schreibt u.a.: "Zur Zeit derer von Zehm war der Park noch eingezäunt. Zwei große Kastanienbäume bildeten den
Eingang mit zwei daneben errichteten mächtigen Pfeilern aus Ziegelsteinen, ein schweres schmiedeeisernes Tor
verschloß diesen Zugang. Wie oft sind wir als Kinder auf diese Pfeiler raufgeklettert und runtergesprungen. Vor dem
Schloss bildeten große alte Linden einen Kreis, und neben dem Stallgebäude wuchsen Akazien. Der betäubende
Blütenduft dieser Bäume überzog ganz Johannisthal und verführte dazu, solche Abende draußen bei Mondschein zu
genießen."
"Ein fürstliches Schloss ist es aber, wie gesagt, nicht gewesen. Strom gabs früher nicht im Schloss, als Beleuchtung
dienten Petroleum- Lampen, notfalls auch mal die Karbid- Lampe, die man nachts als Fahrrad- Lampe benutzte. Auch
eine Wasserleitung hatten wir noch nicht. Das Wasser holte man am Goldgraben, mit `ner Tonne auf dem Handwagen.
Nebenbei bemerkt, zum Reinigungsbad mußten wir übern Hof in die Waschküche. Geheizt wurde mit Holz und - natürlich
- mit Braunkohle. Johannisthal hatte seinen eigenen „Kohlberg", die Kohle dort war schon von der Herrschaft von Zehm
ausgebeutet worden. Als diese dann wegzog, brach der ausgehöhlte Berg in lauter Trichter zusammen, die übrigens
heute noch alle zu sehen sind. Im Übrigen erzählte mir meine Mutter, dass nach ein paar Jahren die von Zehms
nochmals zurückgekommen seien und sich das Schloß anschauen wollten. Meine Mutter hat den Besuch dann durch
sämtliche Wohnungen geführt und den Erklärungen zugehört: ... dies war der Speise- und Ball- Saal, das war mein
Salon, dies die Küche mit Durchreiche ... und so weiter."
Fazit
Heute ist das Gebäude abgebrochen, die Glasfabrik eine Ruine und an den Kohleabbau erinnern nur noch einige Restlöcher.
Das "Unternehmen Johannisthal" brachte Moritz von Zehmen wirtschaftliche Verluste. Der Manufakturbetrieb konnte sich gegen die entstehenden, weitaus ökonomischer arbeitenden Großbetriebe nicht erwehren. In einem Gutachten zur wirtschaftlichen Lage des Rittergutes Weißig vom 1. Oktober 1904 wird die unglückliche Hand des Gutsbesitzers Moritz beklagt, "da er die Erträgnisse des Gutes zu seinem Lebensunterhalt und zur Erfüllung von Verpflichtungen, die ihm aus verunglückten industriellen Unternehmungen verwachsen waren, brauchte".
Auch an anderen Stellen des Zehmenschen Besitzes wurde Kohle gefördert. Bereits 1859 gab es in Weißig - vermutlich auf dem Gelände der Otterschütz - ein Kohlebergwerk. Die „Kamenzer Wochenschrift" schreibt in ihrer Ausgabe vom 22. September 1859: "Auf dem Braunkohlenwerke zu Weißig ist am 13. des Monats ein Teil des Ganges, welcher in die Braunkohle getrieben ist, zusammengestürzt und dadurch der Bergarbeiter Tiebel aus Strassgräbchen gänzlich verschüttet und durch das gewaltige Wasser jedenfalls sofort sein Tod herbeigeführt worden. Wie wir vernehmen, hinterlässt der Verunglückte 7 Kinder."
Wann hier die Kohleförderung eingestellt wurde, ist nicht verbürgt. Jedenfalls haben die Gutsesitzer der Umgebung intensiv, oft aber vergeblich versucht, vorhandene Bodenschätze aufzuspüren und auszubeuten.
Moritz von Zehmens Sohn Horst schrieb 1913: "Bereits mein Vater hat vielfach Bohrungen nach Ton und Braunkohle unternommen. Dabei stellte sich heraus, dass Tagebaue nirgends möglich waren. Ein Tiefbau misslang vollständig. Ein etwa 20 m tiefer, jetzt ersoffener Tagebau nach Ton veranschaulichte die Verworfenheit des Terrains sehr deutlich. In den benachbarten Gruben in Zeissholz hat sich gezeigt, dass nur einzelne schmale, lang erstreckte, fast auf dem Kopf stehende und tief lagernde Kohlenflöze in dortiger Gegend vorhanden sind."
Quellenverzeichnis:
Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden
SHStA - 11025 / 4551 : Akten, das von Zehmensche Familien Fideikomiss
betreffend, Bestand 11025 ; Oberlandesgericht Dresden 4551 und 4553
Archiv von Manfred Prescher Dresden
Prof. Rainer Vulpius
„Zu den Anfängen des Braunkohlen- und Glassandabbaus im Zentralteil der Hohenbockaer
Hochfläche und zur Existenz der Glashütte Johannisthal bei Leippe - Ein Beitrag zur Geologie
und Industriegeschichte"
Manfred Prescher Dresden, März 2009